Der "Neue Klub" lud in die Hamburger Kammerspiele - zum Vortrag über "den" Neuen Club mit Wolfgang Beutin, 16.4.2007

I. Der Weg zum Ziel
Wenn man von Norden kommt, führt der Weg zu den Hamburger Kammerspielen über die Hoheluftchaussee an einigen Orten vorbei, die Schauplatz von Begebenheiten aus Hillers letzten Lebensjahren waren. Nicht nur, daß es entlang der Grindelhochhäuser geht, wo er ab 1955 wohnte, man an der Kreuzung Grindelberg-Hallerstraße einen Blick zu dem Gebäude des ehemaligen Rote Kreuz Krankenhauses Beim Schlump hinüberwerfen kann, wo Hiller 1972 starb. Schon zuvor passiert man die U-Bahn-Station Hoheluftbrücke, die heutzutage wie ein Whopper-Restaurant mit Gleisanschluß anmutet. Hier - am Isebekkanal gelegen - war einst eine Filiale der Restaurantkette "Wienerwald" (Slogan: Heute bleibt die Küche kalt, wir gehen in den Wienerwald), in die es Hiller oft und gern hinzog, wenn er mit Freunden essen ging. "Gehen wir zu den Hühnern", so die Überlieferung, lautete dann seine Aufforderung.
Als ich die Hoheluftchaussee, Grindelberg, etc. von Niendorf kommend am frühen Abend des 16. Aprils bei Sonne und über 20 Grad Celsius an den Grindelhochhäusern vorbeiradelte, hatte ich mit einem Anflug von Pessimismus die überfüllten Straßen-Cafes im Auge. Dieses war der erste Sommer-Abend in Hamburg in diesem Jahr: Alle saßen draußen. Nirgendwo ein Platz mehr frei! Cabrios auf dem Weg zur Alster. Wieviele Zuhörer würden zu Beutins Vortrag kommen? Bei dem Gedanken beruhigte mich eigentlich nur, daß St. Pauli und HSV an diesem Tag nicht spielten.
Zu den Kammerspielen: Der Ort ist dieses Vortrags äußerst würdig! Keine 400 Meter von Kurt Hillers letztem Wohnort in den Grindelhochhäusern entfernt (Hallerstraße 5E), im Logensaal der ehrwürdigen Hamburger Kammerspiele, hatte der "Neue Klub" (mit K!) am 16. April 2007 um 19.30 Uhr zu einem Vortrag mit Wolfgang Beutin über Kurt Hillers "Neuen Club" (mit C!) geladen. Die Nähe zu Hillers letzter Wohnung allein war es aber eigentlich nicht, was dieser Einladung in meinen Augen - als bekennender Ur-Hamburger - einen besonderen Stellenwert gab. Der Ort sei näher beschrieben.
Der Logensaal der Kammerspiele liegt im Keller unter der eigentlichen Bühne. Das Ambiente ist hanseatisch schlicht und somit sehr gediegen, - bis auf die etwas aufdringlich wirkenden, großformatigen Bilder, zwei Meter hoch, schwarz-weiß, u.a. von Gustaf Gründgens und Ida Ehre, die einen auf der rechten Seite bei Eintritt in den Saal anblicken.
Der Ort hat Tradition! Oder besser: Als Historiker wünscht man sich verbunden mit diesem Ort noch mehr Traditionsbildung und Traditionsbewußtsein in Hamburg. Wie soll man einem Nicht-Hamburger die Bedeutung des Logensaals in den Kammerspielen beschreiben?
Ein Blick in die Geschichte dieses Hauses soll das deutlich machen (und man verzeihe mir hier diesen ausschweifenden Ausflug).
Hartungstraße 9-11: Hier hatte ab 1904 die jüdische Freimaurerloge der Hansestadt ihren Sitz in einem Haus, das 1863 als herrschaftliche Villa im klassizistischen Stil gebaut worden war. Das Haus wurde um Nachbargebäude erweitert und avancierte zum Zentrum jüdischen Gemeindelebens in Hamburg. Sogar Theater wurde noch nach 1933 gespielt und ein Ensemble gegründet, was im Nachhinein eher grotesk wirken mag. Am 9. Januar 1938 wurde das "Jüdische Gemeinschaftshaus" in seiner Rechtsform neu konstituiert und mit dem Premierestück "Romeo und Julia" eröffnet.
Zwar löste man (man = die Nazis oder besser: "Hamburger Bürokraten") bis 1939 das Ensemble wieder auf. Der Hamburger "Jüdische Kulturbund" hatte 1939 noch 3500 Mitglieder, - 1941 wurde dann der "Jüdische Kulturbund" von den Nazis liquidiert. Die Nazis instrumentalisierten diesen Ort als Sammelstelle für ihre Deportationen. Allein vom 11. Juli 1942 ist bekannt, daß von hier aus 375 Juden direkt nach Auschwitz deportiert wurden.
Die Hamburger Kammerspiele sind stets mit dem Namen Ida Ehre (1900-1989) über die Stadtgrenzen hinaus verbunden gewesen. Sie überlebte als Jüdin das Neuengamme-Außenlager "Fuhlsbüttel" (heute weiter bekannt als Justizvollzugsanstalt "Santa Fu").
(Hamburg-Besuchern, aber auch und vor allem Hamburgern mit Kindern!, empfehle ich Sonntag-Vormittags einen Besuch der dortigen Gedenkstätte. Sie ist sehr spartanisch eingerichtet. Man bekommt dort [wie lange noch?] sonntags oder nach Absprache Zeitzeugen bei einem Besuch "an die Hand" [heute meist Angehörige, in der Regel Kinder, von Inhaftierten] - und erfährt mehr als von mancher Bildlegende über die hanseatische Variante der Schreckenstopographie. Auch mit Jugendlichen machte ich dort bei einem Besuch "gute" - besser: "angemessene" - Erfahrungen, um ein schwieriges Thema nahezubringen. Ich will sagen: Als museumpädagogische Konzeption: äußerst nüchtern gehalten - und sehr gut in der Herangehensweise an Besucher).
In der Gedenkstätte in Fuhlsbüttel wurde mir erst so richtig klar, wer Ida Ehre war und was inhaltlich bei ihr hinter der Stirn vorging, als sie - als Ehrengast eingeladen - im Bonner Bundestag am 10. November 1988 anläßlich der nicht gerade "geglückten" Philipp-Jenninger-Rede (damals: Bundestagspräsident! heute pensionsbezogen außer Dienst) zum 50sten Jahrestag der Pogromnacht das Gesicht in den Händen vergrub. Das damals ausgestrahlte Fernseh-Bild blieb mir immer Symbol für die nicht vorhandene Scham des bundesdeutschen Parlaments bei der 33/45-Rezeption.
Zurück zu dem Haus in der Hartungstraße 9-11. Nach der Befreiung gründete Ida Ehre hier die Hamburger Kammerspiele. Hier wurde einen Tag nach Wolfgang Borcherts Tod sein Stück "Draußen vor der Tür" am 21.11.1947, nach der Hörspielfassung, als Bühnenstück uraufgeführt. Es avancierte zur Nachkriegsliteratur in jedem Schulbuch der Bundesrepublik.
Nicht unbedingt dem Hamburger Senat oder dessen Kulturbehörde (hier gilt das Wort von Heinrich Heine: "Pfeffersäcke!", - neudeutsch: Hauptsache, "Kaufmanns-Interessen" bleiben Politikinhalt), sondern den Theater-Leuten Ulrich Tukur und Ulrich Waller ist zu danken, 1995 die neue Spielzeit nach ständigen Schließungsdrohungen mit einer Neuinszenierung von Borcherts "Draußen vor der Tür" zu eröffnen und diesen Ort in Hamburg bis heute als kulturelles Schlaglicht am Leben zu erhalten.
Diese Bemerkungen um die Geschichtsträchtigkeit des Orts mögen genügen, um auch die Bedeutung herauszustreichen, daß Beutin den Vortrag hier halten konnte und nicht in irgendeinem fensterlosen, neonbeleuchteten Rigipsplattenhinterzimmer der Universität Hamburg. Alles in Allem: Es gibt wohl kaum einen würdigeren Ort in Hamburg, zumal im Theaterleben, wo sich mit einem Vortrag über den "Neuen Club" Hillers "Bühnenaktivitäten" würdigen ließen.
Ungeklärt bleibt mir die Frage, auch nachdem ich intime Kenner wie Harald Lützenkirchen, Wolfgang Beutin und andere fragte, ob Hiller und Ida Ehre sich irgendwo dort im Grindelviertel nach 1955 je begegnet sind (und sei es nur in unmittelbarer Nachbarschaft beim Käse oder Kaffee-Einkaufen für Andere).

II. Logensaal - "Salut" für Hiller
Als ich dort an jenem sonnigen Abend hinradelte, hatte ich die Befürchtung, daß angesichts des Wetters der Saal leer blieb. Umso mehr wunderte es mich, daß trotz des schönen Wetters fast 40 Zuhörer gekommen waren, - und wenn ich richtig zählte, waren nur 4 aus der Hiller-Gesell-schaft dort. Heidi Beutin, Kurt Kraushaar, mit dem ich bei mir am Tisch noch über die vermeintlichen Sonnenallergiker rätseln konnte, neben dem Vortragenden und mir. Allein dies sehe ich positiv. Da kamen Leute, die zum ersten Mal von Hiller etwas hören wollten. Weniger waren auch Leute da, die wie der ehemalige Wirtschaftssenator und Finanzsenator von Hamburg, Wilhelm Nölling (unter den Bürgermeistern Klose und von Dohnanyi 1974-1981 Senatorämter), ihrerseits auch schon sich mit Hiller beschäftigt hatten.
Das Publikum stammte vor allem aus der Theater-Szene, soweit es über den "Neuen Klub" den Weg zu diesem Abend gefunden hatte.
Unter den überdimensional wirkenden Blicken von Gustaf Gründgens und Ida Ehre auf den schwarz-weiß Fotos eröffnete Prof. Klaus Peter Nebel (Jg. 1945) als Vorsitzender des "Neuen Klub" dann auch den Abend. Bevor er den geladenen Redner vorstellte, verriet er, was es mit dem "Neuen Klub" auf sich hat.
Klaus Peter Nebel - seit 1983 Pressesprecher der Beiersdorf AG und Professor für Medienmanagement in Riga - ist Autor mehrerer Bücher über PR und Markenbildung. In Freizeitjacke zog es den schmächtigen Herrn auf die Bühne. Er verschaffte sich sogleich Gehör.
Um das Jahr 2000, berichtete er, gab es einen Streit in der "Hamburger Autorenvereinigung", von dessen Motivlage Nebel selbst nichts mehr so ganz zu berichten wußte. Gleichzeitig hatte man wegen geplanter und bereits vorbereiteter Veranstaltungen Bedarf, einen "offiziellen" Träger für die damit verbundenen bürokratischen Erfordernisse ins Leben zu rufen. Das Gründungsmotiv des "Neuen Klubs" ist also von pragmatischen Erwägungen geprägt. "Man saß in einer Kneipe", - mehr aus einer spontanen Kneipenidee denn aus kalkulierter Programmatik entstand die Idee vom "Neuen Klub". Die damit verbundene Reminiszenz an den literarischen Expressionismus und an Kurt Hiller betrachtete man als willkommene Begleiterscheinung.
Aus dem Provisorium wurde mehr. Seitdem organisiert der "Neue Klub" aus dem 21. Jahrhundert Veranstaltungen. Und - so mein Eindruck - scheinen diese Veranstaltungen in einem eher elitären Kontext zu stehen, was ja auch durchaus dem Hillerschen Weltbild nicht gerade fern ist. Man plant jedenfalls demnächst etwas zu einem Tanztheater, - mit keinem Geringeren als John Neumeyer. Der Einleitende für Wolfgang Beutins Vortrag ließ es durchblicken.
Dann kam Wolfgang Beutin zu Wort. Um es vorwegzunehmen (und ich bin da kritisch! und schlage auch den Bogen zu der Würdigkeit des Veranstaltungsorts): Der Beitrag von Wolfgang Beutin war im Rahmen dessen, was ich an Vorträgen hörte, erste Kategorie! Er gehört auch mindestens im Mitteilungsblatt der Hiller-Gesellschaft abgedruckt, - oder in einen der nächsten Schriften-Bände.
Warum? Soweit ich meine eigenen Erfahrungen als Zuhörer und Vortragender Revue passieren ließ, kenne ich Vorträge über Kurt Hiller meist mit dem Gliederungsduktus (ich mache es selbst so), daß sie mit einem Aspekt des Hillerschen Wirkens aus der Zeit der Weimarer Republik einsetzen, um sodann (je nach Fragestellung und aus Plausibilitätsgründen) von hier und des "Aktivisten" Stellung aus lediglich einen Ausflug in die Zeit vor den Ersten Weltkrieg zu wagen oder im Nachhinein einen "Ausflug" in die Zeit des Exils oder der Remigration anzustellen.
Das liegt auch nahe: Hiller selbst gibt in "Leben gegen die Zeit" für seine Biographie die Leseanweisung für die Jahre vor 1914 an (Seite 97): "Alles Bisherige war nur ein Vorspiel; meine Arbeit, meine Lebensleistung wird erst jetzt anfangen zu beginnen".
Das Erfrischende auch für mich als Hiller-Schriften-Kenner an diesem Sommerabend war, daß Wolfgang Beutin mit seinem Vortrag diese Leseanweisung ignorierte und den Hiller, seine Jahre des "Neuen Clubs" vor dem Ersten Weltkrieg als End-Zwanziger, in seiner ganzen Naivität ernst nahm. Er stellte den literarischen Expressionismus als eine "Ismen"-Strömung unter anderen vor dem Ersten Weltkrieg vor. Er fokussierte dabei auf den noch nicht "aktivistischen", gänzlich unpolitischen Kurt Hiller.
Natürlich berichtete Beutin, daß Hiller ein paar hundert Meter von diesem Ort am Ende seines Lebens wohnte, und zeichnete exponierte biographische Stationen nach. Das machte die Veranstaltung auch lebendig.
Dennoch: Er stellte den Theoretiker des literarischen Expressionismus immanent im Kaiserreich vor, der selbst nur wenig lyrische Texte verfaßte, bei denen Hiller (in diesem Fall war Hiller ja einmal selbstkritisch) zugestand, es seien nicht die "lupenreinsten".
Die begrenzte Reichweite des Expressionismus-Theoretikers Hiller machte Beutin allerdings auch an 2 Stellen deutlich:
- Obwohl einer "neuen Zeit" verpflichtet, die technologischen Fortschritt im Auge hat, gibt es in Hillers Schriften keinen Medien-theoretischen Bezug (etwa Rundfunk auch aus der Rückschau nach dem Ersten Weltkrieg; Film, was man ja vermuten könnte). Er blieb ein reiner "Wort-Ler".
- Er blieb ein "Schöngeist" seiner Zeit vor dem Ersten Weltkrieg, - und damit auch all' der naiven Vorstellungen des Kaiserreichs verpflichtet.
Beutin hob in dem Zusammenhang auf ein treffendes Zitat von dem sozialdemokratischen Historiker Franz Mehring (1846-1919) ab, das dieser zeitnah gegen Wiener Literaten um Hugo von Hofmannsthal (1874-1929) gerichtet hatte, dessen Gehalt vor dem Ersten Weltkrieg auch für Hillers Texte, seine Bühnen-Kollegen im "neopathetischen Cabaret" und seine Aktivitäten im "Neuen Club" galt:
"Es ist eine Poesie reicher Söhnchen für reiche Söhnchen; wer sich mit der handfesten Wirklichkeit des rauhen Lebens herumschlagen muß, erwirbt sich nicht die Feinheit der Sinne, um diesen luftigen Nektar genießen zu können."
Soweit zum "Logos" des Beutinschen Vortrags, der Hillers Wirken vor dem Ersten Weltkrieg auch unter Fragestellungen gesellschaftlicher Modernisierungstheorien stellte. Und um auf mein Eingangsstatement zurückzukommen: "Erfrischend" war, Hiller einmal fern jeglicher politischer Handlungsmaxime so vor dem Ersten Weltkrieg zu betrachten, die ein Vortrag über den Hiller nach 1914 nahe gelegt hätte.
Es gab zwar keinen "Eros" bei diesem Vortrag (Beutin verzeihe mir den Hinweis), aber dennoch einige intellektuelle Erbauungen, die der Gedicht-Rezitations-Kunst des Vortragenden zu danken waren.
Chronologisch trug Beutin die Geschichte des "Neuen Clubs", des "neopathetischen Cabarets", dem ab Oktober 1912 gegründeten "literarischen Cabaret Gnu" vor. Er unterfütterte seine Ausführungen mit Gedichten, biographischen Hinweisen zu ihren Verfassern, die allein einen Besuch des Logensaals an diesem Abend wert waren. Jener bekannten "Salut!"-Rede Kurt Hillers (im Juni 1910 im "neopathetischen Cabaret" gehalten), die er natürlich zitierte, folgten Texte anderer Mitglieder des "Neuen Clubs". Vor allem Hiller-Freund Ernst Wilhelm Lotz (1890-1914) kam reichlich zu Gehör. Um ein Gefühl für die Zeit zu vermitteln, war das angemessen.
Am Ende rezitierte Wolfgang Beutin mit sichtlich rhetorischem Engagement fünf Gedichte, um noch einmal ein Erscheinungsbild der von Hiller organisierten neopathetischen Cabaret-Abende den hier anwesenden Zuhörer(innen) 100 Jahre danach näher zu bringen: Es waren natürlich als Fanal des literarischen Expressionimus die schon die Pintus' Anthologie "Menschheitsdämmerung" eröffnenden Zeilen aus "Weltende" von Jakob van Hoddis (1887-1942, deportiert und ermordet): "Dem Bürger fliegt vom spitzen Kopf der Hut, / In allen Lüften hallt es wie Geschrei. / Dachdecker stürzen ab und gehn entzwei, / Und an den Küsten - liest man - steigt die Flut." etc.
Vielleicht auch um den Protagonisten seines Vortrags in seinem lyrischen Schaffen einmal "glänzen" zu lassen brachte Beutin anschließend Hillers Gedicht "Bude" (abgedruckt in den "Hirn- und Haßgedichten"), um sich sodann an Georg Heyms (1887-1912) "Der Krieg" zu wagen: "Auferstanden ist er, welcher lange schlief ..." etc. Das Gedicht kennt jeder. Kontrastreich wirkte, was der Vortragende dann rezitierte: Pubertär ging es zuweilen auf der Dichterbühne der "Neopathetiker" zu, wie Beutin glaubhaft zu vermitteln suchte, als er viertens ein Sonett von Ernst Blass unter dem Motto "O, du, mein holder Abendstern (Richard Wagner)" vortrug: "An Gladys": "So seltsam bin ich, der die Nacht durchgeht, / Den schwarzen Hut auf meinem Dichterhaupt. / Die Straßen komme ich entlang geweht. / Mit weichem Glücke bin ich ganz belaubt." etc. Die Hymne galt einer Kneipenbedienung.
Die Artistik dieses (Liebes)-Gedichts aus dem "Club" - im Laut sanftmütig vorgetragen - wurde gleich wieder eingeholt von Beutins Rezitation von Lotz' Gedicht, das ein Licht auf die (Vorkriegs-)Zeit wirft; ob es von dem Vortragenden beabsichtigt war, sei dahingestellt. Nicht von ungefähr schloß der Abend mit dem gleich im Jahre 1914 gefallenen Soldaten Ernst Wilhelm Lotz "Aufbruch der Jugend".

III. Fazit
Beutin kündigte am Beginn seines Vortrags Folgendes mit eher despektierlich-ironischer Miene an: "An den Universitäten gilt heute über die Redefreiheit: Du kannst alles sagen! Nur eben nicht länger als 45 Minuten! Ich will mich daran halten!"
Er überzog gnadenlos mit Ganz-Körper-Rezitationen der Gedichte aus dem "Neuen Club", um es einmal so auszudrücken. In den 90 Minuten seines Vortrags ging keiner zwischendurch raus, im Rezitationsteil blieb es mucksmäuschenstill. Der Abend hat mir sehr gut gefallen!

Dr. Rolf von Bockel